Answer.AI – Bitte mehr Start-ups wie dieses auch in Europa!

Beim Thema KI auf dem Laufenden zu bleiben ist nicht unbedingt einfach. Ein Weg, um mitzubekommen, was gerade die ganz großen Fragen sind, ist die Startup-Szene im Blick zu behalten. Mit diesem Gedanken als Hintergrund, will ich heute über ein interessanteren Startups reden, über das ich vor kurzem gestolpert bin: Answer.AI 

Was ist so spannend hier?

Was das Unternehmen in meinen Augen so interessant macht, sind zwei Aspekte des grundlegenden Ansatzes, den es verfolgt:

Erstens: Anwendung statt Grundlagenforschung

Answer.AI will kein AI Lab sein, dass das nächste große revolutionäre Grundlagenmodell entwickelt. Stattdessen will das Startup vollen Fokus auf die Frage legen, wie sich bereits existierende Modelle effektiv nutzen lassen. Welche praktischen Anwendungsmöglichkeiten ergeben sich aus der Technologie heute?
Einer der Gründer, Jeremy Howard, zieht in einem Blogartikel einen meiner Meinung nach brillanten Vergleich! Michael Faraday zeigte 1831, dass ein wechselndes Magnetfeld einen elektrischen Strom in einem nahe gelegenen Stromkreis induzieren kann – damit legte er die Grundlage für die moderne Welt, wie wir sie kennen.
Es dauerte jedoch fast ein halbes Jahrhundert, bis wir anfingen wirklich herauszufinden, was wir mit dieser Entdeckung alles machen können. Howard vergleicht Answer.AI direkt mit Thomas Edisons Menlo Park Laboratory – das unter anderem entscheidend dazu beigetragen hat, dass die elektrische Glühbirne bereit für den Massenmarkt wurde, die Grundlage für ein System landesweiter Stromverteilung legte und sich später zu General Electric entwickelte, einem der größten und mächtigsten Unternehmen der Welt. In anderen Worten: Maxwell leistete die Grundlagenforschung, Edison revolutionierte damit unsere Welt, indem die Technik in relevante Anwendungen überführt wurde. Answer.AI sieht KI an diesem Punkt angekommen und will, in typisch amerikanischer Bescheidenheit, nicht weniger tun, als die Welt revolutionieren.

Zweitens: Kleines Team aus Generalisten unterstützt durch KI

Answer.AI versammelt kein großes Team aus Spezialisten, sondern setzt darauf, eine "sehr kleine Zahl an hochmotivierten, neugierigen und technisch brillanten Generalisten" zusammenzubringen. Das ist allgemein schon ein Ansatz, der mir sympathisch ist, aber Jeremy Howard macht in seinem Artikel ein weiteres extrem spannendes Argument:

With the help of modern AI tools I’ve seen that it’s possible for a single generalist with a strong understanding of the foundations to create effective solutions to challenging problems, using unfamiliar languages, tools, and libraries [...] I think people will be very surprised to discover what a small team of nimble, creative, open-minded people can accomplish.

Die Idee, dass brillante Generalisten durch KI unterstützt Außergewöhnliches leisten können, wirkt plausibel. Ob das funktionieren wird? Wir werden sehen! Die amerikanische Startup-Szene ist voll von kleinen Teams, die nicht weniger wollen, als die Welt revolutionieren. Wetten darauf, welche davon am Ende den wirklich großen Erfolg haben, überlasse ich Venture Kapitalisten. Interessant ist auf jeden Fall die Idee, mit einem kleinen Team an praktischen Anwendungsmöglichkeiten zu forschen und dafür brillante Generalisten mit KI zu unterstützen. Der U.S.-typische Größenwahn, sich in direkte Tradition des Übergangs von Maxwell zu Edison zu setzen, mag überzogen scheinen – auf der anderen Seite könnte ich einen ganzen Blogbeitrag darüber schreiben, wie sehr ich mir wünschen würde, wir würden diese Einstellung häufiger auch an den Tag legen.

Können wir hier etwas lernen?

In weiteren Gesprächen wurden dann Schritt für Schritt eine neue konsolidierte Organisationsstruktur sowie Leitplanken für die Projekte erarbeitet. Einige Beispiele: Für den Agile Release Train wurde festgelegt, dass Teams zukünftig nur noch bis zu 100 und nicht mehr bis zu 150 Teammitglieder umfassen. Außerdem wurde sowohl für Teams als auch Vorgesetzte definiert, dass sie in niemals mehr als zwei Zeitzonen arbeiten. Für die Produktentwicklung wurde eine klare Trennung beschlossen zwischen Themen, die für alle Kunden gelten (Entwicklung von Basismodellen), und Themen, die nur für einige Kunden gelten (Ausbau der Basismodelle nach Kundenspezifikation).

Außerdem haben wir eine Roadmap entwickelt, die die Umsetzung der beschlossenen Ziele und Leitplanken strukturiert. Dieser Umsetzungsprozess zielt auf kleinschrittige Veränderung mit schnellen Verbesserungspotentialen sowie regelmäßigen Evaluationen und iterativer Anpassung des Zielbildes.

Ich frage mich, wie solche Texte in Zukunft aussehen werden. Vermutlich ein wenig so:

2016 erfand OpenAI den Generative Pre-trained Transformer (GPT), der mit der Veröffentlichung von ChatGPT 2023 einen weltweiten KI-Boom auslöste. Darauf basierend entwickelte [UNTERNEHMEN/PERSON] in [ORT] im Jahr 202X die Lösung [???], welche es ermöglichte [???] zu [???].

Es scheint sehr gut denkbar, dass sich die Platzhalter und Fragezeichen in diesem Satz zeitnah mit konkreten Inhalten füllen werden. Answer.AI hat sich das zu Mission gemacht – es wird sicher spannend zu sehen, ob das klappen wird und wer hier künftig noch mitspielen wird.