Identität als Kompass
Veränderungen bringen oft Unsicherheit mit sich – eine Zeit, in der viele Entscheidungen getroffen werden müssen. Ein klares Selbstverständnis kann hier als Kompass dienen und Orientierung geben. Wer seine eigenen Werte und Ziele kennt, kann schneller klarere Entscheidungen treffen, die zu diesen passen. Das gilt für Einzelpersonen ebenso wie für Organisationen.
Um diesen Aspekt des Felds Selbstverständnis zu beleuchten haben sich beispielsweise die folgenden Maßnahmen bewährt:
Werte-Workshop
Ein moderierter Workshop, in dem Führungskräfte und Mitarbeitende zusammenarbeiten, um die zentralen Werte des Unternehmens zu reflektieren und was diese in einem neuen veränderten Umfeld bedeuten und ausmachen. Typische Fragen sind: „Welche Prinzipien prägten unser Handeln?“ „Was bedeutet das in der Zukunft?“ oder „Welche Werte wollen wir in der Zusammenarbeit fördern?” Diese Methode hilft, ein gemeinsames Verständnis zu schaffen und Unterschiede oder Spannungen in der Wahrnehmung offenzulegen.
Ein Beispiel hierfür wäre die Einführung einer neuen Arbeitsmethode wie SAFe: Während früher Entscheidungen primär im Führungskreis getroffen wurden, sollen diese künftig eigenverantwortlich innerhalb der Teams erfolgen. Dies macht die Werte Vertrauen – in die Fähigkeiten der Mitarbeitenden – und Mut – Entscheidungen selbstbewusst zu treffen – zu zentralen Leitlinien für die Zusammenarbeit.
Stakeholder-Interviews
Einzelgespräche mit Schlüsselpersonen im Unternehmen (z. B. Führungskräfte, langjährige Mitarbeitende) sowie externen Partnern. Ziel ist es, die Außen- und Innenperspektive auf das Unternehmen zu verstehen, Stärken, Schwächen und prägende Merkmale zu identifizieren und zugleich den Stakeholdern ein besseres Verständnis dafür zu vermitteln, welche Aktionen welche Auswirkungen haben, damit sie ihre Rolle als Vorbilder bewusster wahrnehmen können.
Visions- und Leitbild-Entwicklung
Eine Kreativ-Sitzung oder Workshop-Reihe, bei der die Frage „Wer wollen wir sein?“ im Mittelpunkt steht. Gemeinsam entwickeln Mitarbeitende und Führungskräfte ein Leitbild, das nicht nur zentrale Werte und Ziele beschreibt, sondern auch definiert, wie das Unternehmen und seine Mitarbeitenden zukünftig von außen wahrgenommen werden wollen und was ihnen in der Zusammenarbeit wichtig ist. Dieses Leitbild bildet die Grundlage für zahlreiche Folgeaktivitäten, wie den Umgang mit Kunden, Eskalationen oder Entscheidungsprozessen.
Reflexionsfragebogen für Mitarbeitende
Ein strukturierter Fragebogen, der an Mitarbeitende verteilt wird, um deren Wahrnehmung des Unternehmens und seiner Identität einzufangen. Typische Fragen sind: „Welche drei Eigenschaften beschreiben das Unternehmen am besten?“, „Was unterscheidet uns von unseren Wettbewerbern?“ oder „Was zeichnet uns als Firma, Abteilung oder Team aus?“.
Storytelling-Session
Eine moderierte Runde, in der Mitarbeitende Geschichten aus ihrem Arbeitsalltag teilen, die sie als typisch für das Unternehmen empfinden. Diese Geschichten bieten Einblicke in gelebte Werte und die unbewussten Teile der Unternehmensidentität. Sie können helfen, das Selbstverständnis auf eine emotionalere und praxisnähere Weise zu erfassen.
Die erarbeiteten Ergebnisse dienen dabei nicht nur als Ausgangspunkt, sondern auch als Leitlinie für den gesamten Veränderungsprozess: Sie ermöglichen es, geplante und durchgeführte Veränderungen regelmäßig mit den im Selbstverständnis formulierten Werten und Zielen abzugleichen und sicherzustellen, dass der Wandel in die gewünschte Richtung geht.
Identität im Wandel (Veränderung des Kompasses)
Veränderung formt nicht nur Strukturen und Prozesse, sondern hinterlässt auch Spuren in der Identität – jede Handlung, jede Entscheidung wirkt zurück auf die Frage, wer wir sind und wer wir sein wollen.
Gerade in Veränderungsprozessen ist es wichtig, regelmäßig innezuhalten und die eigene Identität zu reflektieren. Tools, die sich dafür als besonders fruchtbar erwiesen haben sind beispielsweise:
Workshop Abschluss & Aufbruch (Trauerarbeit)
Ein moderierter Workshop, der Teams dabei unterstützt, das Bestehende bewusst zu würdigen und abzuschließen, um Raum für Neues zu schaffen – ein Prozess, der ähnlich wie die Verarbeitung von Trauer notwendig ist, um Altes loszulassen. Ohne diesen Schritt besteht die Gefahr, dass Mitarbeitende gedanklich in der „alten Welt“ oder dem „früheren“ Unternehmen verharren. Ziel ist es, prägende Erfahrungen zu reflektieren, Stolz auf Errungenschaften mitzunehmen und belastende Elemente bewusst loszulassen. Typische Fragen in diesem Kontext lauten: „Was hat uns geprägt und macht uns aus?“, „Was nehmen wir erfolgreich in die neue Welt mit?“, „Welche alten Zöpfe können wir abschneiden?“ oder „Was packen wir in unseren Rucksack der Erfahrungen, wo sie einen guten Platz haben und uns für neue Herausforderungen öffnen?“
Werte-Mapping
Eine Methode, bei der Teams oder Organisationen die aktuellen gelebten Werte den ursprünglich definierten Werten gegenüberstellen. Dies hilft, Verschiebungen oder neue Prioritäten zu erkennen und bewusst zu benennen.
Feedbackschleifen mit externen Perspektiven
Interviews oder Umfragen bei externen Partnern, Kunden oder Stakeholdern, um zu erfahren, wie die Veränderungen von außen wahrgenommen werden und ob diese mit der gewünschten Identität übereinstimmen. Diese Rückmeldungen dienen als Spiegel für die eigene Reflexion.
Die bewusste Auseinandersetzung mit der eigenen Veränderung verhindert, dass die Identität nur unbewusst beeinflusst wird. Stattdessen wird sie aktiv gestaltet und bleibt gleichzeitig flexibel, ohne den Kern zu verlieren.
Identität im Kontext Change Canvas
Das Feld „Selbstverständnis“ steht oft in enger Verbindung zu anderen Feldern wie Vision, Strategie oder auch Erfolgsfaktoren. Viele der genannten Maßnahmen lassen sich deshalb ideal mit der Arbeit zu diesen Feldern kombinieren, um ein ganzheitliches Bild für den Veränderungsprozess zu schaffen. Am Ende geht es darum, die Identität nicht isoliert zu betrachten, sondern als Teil eines größeren Ganzen. Indem die Erkenntnisse aus dem Feld „Selbstverständnis“ mit anderen Bereichen verknüpft werden, erhalten wir wertvolle Einblicke für eine erfolgreiche Steuerung des Wandels.